Ein Handbuch in einer Zeit, da sich Prioritäten und Rahmenbedingungen ständig ändern? Aus meiner Sicht und Erfahrung gibt es genau ein Handbuch, welches Sinn macht und unbedingt erstellt werden sollte, auch wenn es Arbeit bedeutet: Das Konditionenhandbuch! Wer darf wem welche Konditionen in welcher Höhe und unter welchen Bedingungen gewähren – und mit wessen Zustimmung?
Und hier drei Perspektiven, warum das heute wichtiger ist denn je:
Die Marktseite
Seit der Einführung des europäischen Binnenmarkts 1993 und der späteren Euro Einführung haben sich die wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb Europas erheblich intensiviert. Unternehmen agieren heute in einem hochgradig internationalen Umfeld – mit entsprechend globalisierten Warenströmen und Einkaufsprozessen. Eine Vergleichbarkeit ist auf Grund der weitgehend einheitlichen Währung ein Kinderspiel.
Die Verbraucherseite
Digitale Plattformen sorgen dafür, dass Verbraucher Preise in Echtzeit vergleichen – kanalübergreifend, länderübergreifend. War es früher noch möglich, Preisunterschiede zwischen Köln und Düsseldorf zu verschleiern, wird es heute zwischen Berlin und Madrid schon schwierig.
Gleichzeitig wächst der Druck auf den Handel durch eine europäische Gesetzgebung, welche die Einschränkungen des grenzüberschreitenden Handels abbauen möchte.
Die Einkäuferseite
Der Handel wird zunehmend von international aufgestellten Unternehmen geprägt, deren Einkaufsabteilungen gezielt Abweichungen bei Preisen und Konditionen identifizieren und ausnutzen. Um das Wissen der Wettbewerber abzugreifen, werden Kooperationen vereinbart oder Mitarbeiter abgeworben.
Diese Strategie auf Steroiden nennt sich (internationale) Einkaufsallianzen, welche es in vielen Branchen gibt. Bekannt sind diejenigen aus dem LEH, wie Eurelec und Everest. Aber diese Unart hat mittlerweile fast alle Branchen erreicht.
In meinen Jahren im Vertrieb habe ich noch nie von einem nachhaltigen Vorteil für einen Lieferanten gehört, häufig jedoch von sehr unangenehmen Gesprächen, Nachforderungen und Konditionserpressung. Oft genug war ich selbst mittendrin.
Unterschiedliche Konditionensysteme bergen Reputations- sowie wirtschaftliche Risiken. Die aufgezeigten Entwicklungen machen ein systematisches, konsistentes und international strategisch abgestimmtes Konditionensystem zwingend erforderlich! Nachvollziehbare Konditionsgrundlagen – nicht einheitliche Höhen! – sind ein zentraler Baustein, um professionell und belastbar mit allen Partnern zusammenzuarbeiten und Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.
In 7 Schritten vom Konditionenchaos zum Konditions-Champion
Die Schritte zu einem Konditionenhandbuch sind überschaubar, beinhalten jedoch in ihrer Granularität eine Menge Fleißarbeit. Vielleicht liegt es auch daran, dass dem durchschnittlichen Vertriebler diese Arbeit widerstrebt.
Unsere Empfehlung zur Vorgehensweise:
- Konditionen-Systematik aufstellen
- Alle Konditionen und Zahlungen je Kunde systematisch erfassen
- Daten analysieren und bewerten
- Wunsch-Leistungstöpfe identifizieren bzw. definieren
- Art und Höhe der künftigen Konditionen je Leistungstopf festlegen
- Gap-Analyse und Zielbilderstellung je Kunde erstellen
- Konditionsverhandlungen und schrittweise Annäherung ans Zielbild
Zusätzlich kann und sollte man sich in diesem Zuge noch Gedanken über die zugehörigen Governance-Themen machen: Wer darf welche Konditionen gewähren, ändern, freigeben? Wie hoch ist der Spielraum welcher Position? Wer darf welche Dokumente sehen, ändern, erstellen? Wer unterschreibt eigentlich bei uns Verträge?
Was bringt das Ganze?
Zwei Beispiele aus meiner Praxis:
Ein Unternehmen konnte die Fusion zweier Kunden und die gleichzeitige Etablierung einer neuen Einkaufsallianz ohne jegliche Zusatzkonditionen überstehen, nicht, weil die Konditionen gleich waren, sondern weil man das Zustandekommen erklären konnte. Wettbewerber zahlten in diesen Fällen, dem Vernehmen nach, sechsstellige Beträge. Nicht unüblich sind in solchen Fällen nämlich neben der sofortigen Angleichung (natürlich auf das höhere Niveau) auch Konditionsnachforderungen für die letzten 3-5 Jahre.
Ein anderes Unternehmen erhöhte nur über die Sichtbarmachung und die daraus entstehenden Umschichtungen und neuen Richtlinien innerhalb von 12 Monaten die Marge auf allen europäischen Märkten um 1-2 Prozentpunkte! Nachhaltig!
Sie möchten sich selbst an die Arbeit machen?
Dismacon gibt Ihnen zwei Hilfen zum Start an die Hand: Einen Vorschlag für eine Systematik (pdf) sowie eine Excel-Datei als Vorlage für die Erfassung der Konditionen je Kunde. Senden Sie einfach eine Mail an konditionen@dismacon.de und wir schicken ihnen diese Dateien. Wenn Sie Hilfe beim Ausfüllen brauchen oder die für Sie optimale Vorgehensweise diskutieren möchten, stehen wir Ihnen natürlich gern zur Verfügung.